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Hamburger Flüchtlingsinitiative gewinnt bei Bundeswettbewerb „Land der Ideen“:

Hamburger Medizincontainer für Flüchtlinge als besondere Innovation ausgezeichnet

Auf dem Höhepunkt der Flüchtlingskrise schloss sich in Hamburg eine Partnerinitiative zusammen und entwickelte einen Medizincontainer mit Video-Dolmetschertechnik zur Behandlung von Flüchtlingen, der im November 2015 installiert wurde. Dieser Container ging in Serie und zehn Hamburger Flüchtlingsunterbringungen wurden damit ausgestattet. Seit Einführung der weiteren Medizinkliniken im April 2016 wurden in den zehn Containern rd. 9.000 Flüchtlinge behandelt.

Für seine Innovation wurde der Medizincontainer gestern (26.06.2017) in Berlin im Rahmen des Bundeswettbewerbs „Ausgezeichnete Orte im Land der Ideen“ ausgezeichnet. Prämiert wurden Projekte mit Leuchtturmcharakter, die die Offenheit der Gesellschaft stärken und zeigen, wie Neugier auf andere Menschen, Lust auf Wissen und innovative Antworten Deutschland voranbringen. Eine hochkarätig besetzte Fachjury hat unter rd. 1.000 Bewerbungen die besten 100 Projekte ausgewählt. „Deutschland – Land der Ideen“ ist eine gemeinsame Initiative der Bundesregierung und der deutschen Wirtschaft.

Schirmherr ist Bundespräsident Frank-Walter Steinmeier. „Demokratie ist die Staatsform der Mutigen – und derer, die die Fähigkeit haben, sich offen in neue Wirklichkeiten einzufühlen, Anpassungsfähigkeit beweisen und Gestaltungswillen an den Tag legen. Ich bin dankbar für das Engagement von Bürgerinnen und Bürgern, die Veränderungen als Chance verstehen und mit Kreativität und Tatkraft unser Land voranbringen. Sie schaffen für uns alle ein Land der Ideen", so der Bundespräsident.

Der Medizincontainer

Die speziell ausgestatteten Medizincontainer, die Refugee First Response Center, verfügen neben der einfachen medizinischen Ausstattung (u.a. Behandlungsliege, Medizinschrank, Wartebereich) über eine besondere technische Infrastruktur, basierend auf Netzwerk- und Videokomponenten, die einen schnellen und hochflexiblen Dolmetscherdienst per Bild und Ton ermöglichen. Durch diese Lösung sind die Ärztinnen und Ärzte vor Ort in der Lage, an zwei Plätzen im Container gleichzeitig Dolmetscher für etwa 50 verschiedene Sprachen direkt per HD-Live-Videoübersetzung in die Sprechstunde einzubinden. Damit werden die sprachlichen Barrieren überwunden, die aufgrund der vielen verschiedenen Nationalitäten bestehen und eine zielgerichtete Behandlung erschweren.

Die Partnerinitiative

Partner der Initiative sind die Dorit & Alexander Otto Stiftung, avodaq AG, Cisco Systems, MLOVE Foundation, SAVD Videodolmetschen GmbH, das Universitätsklinikum Hamburg-Eppendorf (UKE), das Gesundheitsamt Altona, die Gesundheitsbehörde Hamburg und der DRK-Kreisverband Hamburg Altona/Mitte.

Entstanden ist der erste Container aufgrund der ehrenamtlichen Initiative von Mirko Bass und Martin Kroeger, zweier Mitarbeiter von Cisco Systems in Hamburg und Harald Neidhardt, Gründer von MLOVE. In Zusammenarbeit mit avodaq, dem Universitätsklinikum Eppendorf und der Fa. SAVD Videodolmetschen GmbH ist es ihnen gelungen, den Medizincontainer als Modellprojekt zu realisieren.

Dorit und Alexander Otto haben mit ihrer Stiftung zehn Medizincontainer im Wert von rd. 900.000 Euro finanziert und damit überhaupt erst eine flächendeckende Ausstattung mit diesem Modellcontainer möglich gemacht. Eingeschlossen in die Förderung waren auch zehn Container, die als Warteraum genutzt wurden.

Der erste Medizincontainer ging im November 2015 in der Erstaufnahmeeinrichtung am Rugenbarg in Altona unter der Trägerschaft des DRK in Betrieb. Der Container wurde im Rahmen der durch das Gesundheitsamt Altona organisierten allgemeinmedizinischen Sprechstunden genutzt, die durch Ärztinnen und Ärzte des UKE zur medizinischen Versorgung der rund 1.100 Flüchtlinge vor Ort durchgeführt wurde.

„Die Container sind Ergebnis einer großartigen Gemeinschaft von Partnern, die zusammen das Projekt haben so erfolgreich werden lassen. Wir freuen uns sehr, dass wir damit so vielen Menschen helfen konnten. Von Vorteil ist der lange Nutzen, so kann man mit den Containern später auch in Krisen- und Kriegsgebieten wichtige ärztliche Hilfe leisten. Die Auszeichnung ist für uns eine große Ehre“, so Dorit Otto, Vorstandsvorsitzende der Dorit & Alexander Otto Stiftung.

„Als Cisco Mitarbeiter brachten wir auf freiwilliger Basis unsere Expertise ein, um das Konzept zu erarbeiten. Durch finanzielle Unterstützung durch das Cisco Management konnten wir im Team den ersten Prototypen erstellen und diesen bereits nach nur sechs Wochen in Betrieb nehmen. Es ist uns jeden Tag eine Freude, dass unsere Idee so schöne Früchte trägt und den Menschen eine echte Hilfe zur Verständigung bietet,“ freuen sich Mirko Bass und Martin Kröger, Mitarbeiter bei Cisco Systems in Hamburg.

„Der Medizincontainer bot die Rahmenbedingungen, um Geflüchtete vom ersten Tag an qualitativ hochwertig versorgen zu können. Wir hatten alles, was wir für eine gute Medizin brauchten und konnten durch die Unterstützung der Video-Dolmetscher auch komplexe Probleme bewältigen“, sagt Prof. Dr. med. Martin Scherer von der Universitätsklinik Hamburg Eppendorf.

„Wir sind sehr dankbar für die Anerkennung der außergewöhnlichen Idee, die von der ersten Skizze und den ersten Werkstatttagen im Hamburger Hafen über die Skalierung der zusätzlichen zehn Containerkliniken nun auch in die Krisenherde in Griechenland, Libanon und darüber hinaus weiter ihre Hilfe dort platzieren, wo sie am meisten benötigt werden“, kommentiert Harald Neidhardt, Geschäftsführer von MLOVE.

„Wir waren von Beginn an begeistert von der Initiative und haben noch am Tag des Kennenlernens die kostenfreie Zuschaltung unserer Dolmetscher zugesagt. Vieles im Wirtschaftsleben verschwindet in nichtssagenden Bilanzen, sinnentleert und bedeutungslos. Dieses Projekt mit dieser Auszeichnung wirkt mit seinem humanistischen Wert immerwährend und soll anderen als Beispiel dienen“, bedankt sich Dr. Peter Merschitz, Gründer und Gesellschafter von SAVD Videodolmetschen GmbH.

„Helfen zu können, ist eine wunderbare Sache. Unser Team hat in kürzester Zeit ein sehr nützliches Hilfsmittel für die Krankenversorgung der vielen Flüchtlinge erfunden und erschaffen. Nach nur sechs Wochen ist ein Traum Realität geworden, der sofort einen Teil der schlimmsten Not lindern konnte. Die Auszeichnung ist für uns eine tolle Anerkennung und eine große Ehre“, bedankt sich Andreas Kusch, Vorstandsvorsitzender avodaq AG.

„Durch das Refugee First Response Center, das in einer unserer Erstaufnahmen erstmals eingesetzt wurde, konnten wir die medizinische Versorgung der Bewohner deutlich verbessern“, betont DRK-Kreisgeschäftsführer Jörg Theel. „Insbesondere die effizientere Verständigung durch das Dolmetschersystem schafft bei den Patienten mehr Gewissheit und Vertrauen.“

Ihr Ansprechpartner

Lukas Nemela

Tel.: 040 60606 6898

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