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02.11.2021

Affordable Luxury: So macht Ruby Luxushotels bezahlbar

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Michael Struck, CEO Ruby

Lässig, hocheffizient und vor allem bezahlbar: Die Münchner Ruby Gruppe geht neue Wege im Hotelmarkt. Mit einer schlanken Struktur und der Konzentration auf das Wesentliche schafft die 2013 gegründete Marke eine zeitgemäße, bezahlbare Form des Luxus. Im Interview verrät Gründer und CEO Michael Struck, was es mit ihrer „Lean Luxury“-Philosophie auf sich hat, wie Ruby auch in der Pandemie wächst, warum die ECE für ihn ein Vorbild ist und wieso goldene Wasserhähne für seine Gäste keine Relevanz haben.

Bezahlbarer Luxus: So sieht die "Lean Luxury"-Philosophie aus

Herr Struck, wodurch zeichnet sich Ihre „Lean Luxury“-Philosophie besonders aus? Was ist Ihre Zielgruppe?

Michael Struck: Ruby ist für Reisende konzipiert, die Luxus daran festmachen, inwieweit sie innerlich bereichert werden. Unsere Zielgruppe sucht weniger nach Statusattributen wie dem goldenen Wasserhahn, der marmornen Lobby oder ballsaalgroßen Zimmern. Ihnen ist es eher wichtig, dass sie sich inspiriert fühlen. Dass das Ambiente genauso individualistisch ist, wie sie sich selbst empfinden. Dass sie einen Ort mit Seele und Charakter finden, mit spürbar lokalen Wurzeln, zentral gelegen, als Sprungbrett zu spannenden Orten der Stadt. Dazu bieten wir herausragenden Schlafkomfort, eine hohe Ergonomie in den Zimmern und schlanke Prozesse bei Buchung, Anreise und Abreise. Und das zu einem schlanken Preis, indem wir alles – aus Sicht unserer Zielgruppe – Überflüssige und Unwichtige weglassen, flächeneffizient planen und bauen und uns hinter den Kulissen, vor allem durch Zentralisierung und Automatisierung, sehr personaleffizient organisieren.

Wie wichtig sind dabei nachhaltige Hotels?

Nachhaltigkeit ist für uns – wie auch für unsere Gäste – eine Selbstverständlichkeit. Unsere Lebensmittel sind fast alle bio. Wir bevorzugen lokale Produkte und Anbieter und vermeiden Müll und Plastik, soweit irgend möglich, beispielsweise durch den Einsatz von Mehrweggebinden. Technisch geht es von Wärmerückgewinnung über intelligente Steuerung von Raumklima und Verschattung bis hin zu wassersparenden Technologien.

Coworking Fläche

Einige Ruby Hotels wie beispielsweise in Hamburg bieten auch Co-Working Spaces an. Was steckt dahinter?

Von Anfang an hatten wir in unseren Hotels sogenannte Libraries. Immer mehr Gästen gefiel es, in diesem Ambiente ungestört zu arbeiten. Wir haben den Co-Working-Markt analysiert und festgestellt, dass wir mit Ruby eine interessante Nische besetzen können: Workspaces mit Individualität und Boutique-Hotel-Ambiente, mit Flächenprogrammen und einer Ausstattung, die perfekt ausgerichtet ist auf die Anforderungen der kreativen Elite. Das Konzept Co-Working Hotel bietet Synergie mit unserem Kerngeschäft, das Gleiche gilt für die Entwicklung. Durch Kombination der Nutzungen – Hotel und Co-Working-Spaces – qualifizieren wir uns für mehr Projekte und können Flächen insgesamt noch effizienter nutzen.

Ist das Segment der Freizeitimmobilien für Sie eine Perspektive für die Zukunft?

Ja, das war schon immer Teil des Plans. Wir prüfen gerade, ob wir damit sogar schon früher starten als bisher gedacht. Dadurch, dass in der Recovery-Phase nach dem ersten Lockdown Freizeitprodukte schneller zurückgekommen sind, hat sich der Investmentmarkt dem Thema Ferienhotels geöffnet. Und da gibt es in der Tat eine interessante Nische für uns. Es gibt im Freizeitbereich nur wenige Anbieter im Affordable-Luxury-Segment. Ein weiterer Vorteil für uns: Es gibt bisher nur wenige investmentmarktfähige Betreiber von Ferienhotels.

Was sind die wichtigsten Dinge, die Sie als Gast in einem Hotel erwarten?

Ein Hotel muss sich mir anpassen, ich will mich nicht dem Hotel anpassen. Das fängt mit dem Buchungsprozess an. Dann: Ist der Check-in schnell und effizient? Sind alle Bedienelemente im Zimmer intuitiv – Licht, Klima, Bad? Ganz wichtig finde ich den Schlafkomfort. Und: Ich liebe Hotels, die individuell sind.

So konnte die Ruby-Gruppe trotz Corona wachsen

Corona hat die Hotelbranche hart getroffen. Was macht die Pandemie mit Ruby?

Die Lockdowns haben Ruby in der Tat viel Geld gekostet. Glücklicherweise sind wir gut finanziert. Nichtsdestoweniger ist es eine schwere Zeit. Hinzu kommt, dass Finanzierungen von Hotelimmobilienentwicklungen erheblich schwieriger geworden sind. Das ist für unsere Entwicklungspartner eine Herausforderung, bei der wir sie so gut wie möglich unterstützen. Glücklicherweise haben wir durch die Art und Weise, wie Ruby positioniert ist, und durch unsere bestehenden Partner es bislang sogar geschafft, das Wachstum zu beschleunigen. Viele Herausforderungen sind für uns nicht neu. Als junger, neuer Player mussten wir immer Überzeugungsarbeit leisten, auch bei den Banken unserer Entwicklungspartner. Und für viele im Team ist diese Krise auch ein Prozess, mit dem sie weiter gewachsen sind.

Ruby Lounge

Ruby Frankfurt

Wird sich Ruby also schnell erholen?

Schon nach dem ersten Lockdown hatten wir eine sehr schnelle und überdurchschnittliche Erholung in unseren Hotels. Wir hatten zeitweilig wieder über 50 Prozent Belegung, als der Markt noch bei 25 bis 30 Prozent lag. Das zeigt die Stärke unseres Konzepts. Wir haben einen niedrigen Preiseinstiegspunkt im Markt und bieten dazu ein gutes Preis-Leistungs-Verhältnis. Das hat uns sehr geholfen. Wir zählen darauf, dass wir uns auch jetzt sehr schnell erholen werden, sobald die Restriktionen sukzessive nachlassen.

Wie sieht die Hotellerie nach der Pandemie aus?

Rechnen Sie mit einem Post-Corona-Boom in der Hotelbranche?

Ich denke, wir werden unterscheiden müssen. Die Erholung wird je nach Phase und Hotelplayer unterschiedlich sein. Solange wir noch von einer medizinischen Krise sprechen müssen und wir noch keine Herdenimmunität haben, wird es bei dem Nachfrageprofil der ersten Recovery-Welle bleiben – mit Vorteilen für Standorte mit einem hohen Anteil von Freizeitreisen und nationalen Gästen. Die spannende Frage ist, was während der dann folgenden Konjunkturkrise passiert.

Welche Hotels sind nach der Krise gefragt?

Da gibt es historische Erfahrungswerte. So haben sich nach der Finanzkrise die Budget- und Midscale-Hotels sehr viel schneller erholt und wurden durch die Krise sogar stärker, weil sich die Nachfrage aus den oberen Segmenten verschoben hat – sowohl bei Geschäfts- als auch bei Freizeitreisen. Standorte in zentralen Lagen von Großstädten haben sich schnell und nachhaltig erholt. Wenn ein Markt schwächelt und die Gäste die Auswahl haben, wählen sie die zentralere Lage, die ihnen viel Zeit spart und ihnen viel mehr Möglichkeiten bietet. Wir konzentrieren uns mit unserer Strategie genau auf diese zentralen Lagen und bieten Einstiegspreise von unter 100 Euro in Deutschland und Österreich, unter 120 Pfund in UK und unter 200 Franken in der Schweiz – unterhalb von Standard-Preisschwellen also, die gerade in Krisenzeiten verstärkt zu Budgetgrenzen werden.

Wird sich für die Hotelbranche durch die Pandemie Grundsätzliches verändern?

Ich glaube, dass verzichtbare Geschäftsreisen reduziert werden. Allerdings muss man wissen: 70 Prozent aller Geschäftsreisen sind ohnehin Tagesreisen. Das heißt, sie sind in unserem Hotelumsatz überhaupt nie in Erscheinung getreten. Außerdem ist davon auszugehen, dass der Homeoffice-Anteil weiterhin hoch bleiben wird. Das kann bedeuten, dass Menschen nicht mehr unbedingt dort wohnen, wo sie arbeiten. Viele Mitarbeiter werden für ihre Büro-Präsenztage anreisen und übernachten. Dies kann eine zusätzliche Hotelnachfrage generieren.

Affordable Luxury weltweit: Das sind die Pläne der Ruby-Gruppe

Führen Sie Ihren Expansionskurs in europäische Metropolen fort? Geht der Blick eventuell sogar noch weiter?

Wir haben uns schon vor der Krise stark in Richtung USA orientiert. Wir wollen dort und auch an weiteren nichteuropäischen Standorten wachsen, sobald die Nachfrageerholung und Finanzierungssituation es sinnvoll erscheinen lassen. Momentan ist natürlich in all diesen Märkten die Entwicklung von Hotelimmobilien erschwert. Das Wachstumstempo darf uns außerdem in unseren Strukturen und Prozessen nicht überfordern. Aber ich sehe mittel- bis langfristig eine große Chance für Ruby, da unser Segment Affordable Luxury noch eines ist, in dem es keinen dominanten Player gibt. Wir wollen langfristig zu den führenden Marken in diesem Segment gehören und die mit der Marktführerschaft einhergehenden Margenvorteile erreichen.

individuelle Konzepte bei Ruby

Welche Rolle spielt die Übernahme von Bestandshotels für Ihr Wachstum?

Bisher sind wir stark über die Umnutzung von Bestandsflächen gewachsen – seien es Büro- oder Einzelhandelsflächen, die wir mit unseren Partnern zu Hotels umgenutzt haben. Bestandshotels zu betreiben war bislang kein nennenswerter Treiber unseres Wachstums. Das ändert sich gerade. Bestandshotels kommen jetzt immer mehr in den Fokus und sind eine Möglichkeit, an dem Finanzierungsengpass auf dem Hotelentwicklungsmarkt vorbeizukommen – denn Bestandshalter und ihre Banken haben natürlich ein gemeinsames Interesse, einen krisensicheren und starken Betreiber ins Boot zu holen.

Das Erolgsrezept der Ruby-Gruppe

Seit 2019 ist die Familie Otto ist mit 25 Prozent an Ruby beteiligt. Was ist für Sie das Besondere an dieser Partnerschaft?

Ruby ist für mein Team und mich eine Leidenschaft, die wir am liebsten ein Leben lang verfolgen wollen. Deshalb ist die langfristige Perspektive, wie ich sie bei der Familie Otto spüre, für mich sehr wichtig. Nur so können wir unsere Vision verwirklichen, Weltsegmentführer zu werden. Und nur so können wir uns vor unsere Mitarbeiter stellen und in ihnen immer wieder neu diese Leidenschaft entfachen. Die Langfristigkeit ist also ganz wesentlich. Das Zweite ist das unternehmergeführte Familienunternehmen. Das hat mit Verantwortung zu tun. Das hat mit Identifikation zu tun. Das hat damit zu tun, dass man Entscheidungen schnell fällt. Wir arbeiten nach dem Prinzip, dass wir uns schnell in neue Märkte begeben, uns in neuen Produkt-Features und an neuen Standorten ausprobieren und dann testen. Und wenn es nicht funktioniert, testen wir etwas Neues. Ein iterativer Strategieprozess, der Entscheidungsgeschwindigkeit und auch unternehmerischen Mut erfordert – und Disziplin. Das Dritte sind Synergien auf der Immobilienseite. In unseren wichtigsten Wachstumsmärkten kann die ECE für uns als starker und erfahrener Entwicklungs- und Investmentpartner eine wichtige Rolle spielen.

Was macht Ruby für Investoren jetzt interessant?

Die erste Frage, die sich stellt: Wie krisenresistent ist ein Konzept? Preiseinstiegspunkt und Preis-Leistungs-Verhältnis sprechen sehr für uns. Das sehen auch viele Investoren. Außerdem plant und baut Ruby modularer, wir sind flächeneffizienter. Das reduziert alle flächengetriebenen Fixkosten. Wir sind personaleffizienter als die Wettbewerber, weil wir geringere Personalfixkosten auf der Uhr haben. Der hohe Grad an Digitalisierung und Zentralisierung führt dazu, dass wir alle Prozesse hinter den Kulissen effizienter abwickeln. All das bedeutet, dass wir aus Sicht von Investoren ein ganz anderes Risikoprofil bieten als unsere Hotelmitbewerber.

WO SEHEN SIE RUBY AM ENDE DER 2020ER JAHRE?

Als Segmentführer im Affordable Luxury. Als Arbeitgeber, der in unserer Branche zu den begehrtesten gehört. Und als eine hochprofitable Firma.

ECE Redaktionsteam

Unser Redaktionsteam berichtet über Wissenswertes in und aus der ECE und liefert über die Unternehmenskanäle aktuelle Informationen rund um unsere Immobilienprojekte. Darüber hinaus befassen wir uns intensiv mit Trends und Entwicklungen aus den Bereichen Marketplaces und Work & Live. In unserem Blog geben wir unseren Experten eine Stimme und liefern interessante Einblicke in Themen, die uns bewegen.